Andreas G. Weiß über die politische Vereinnahmung religiöser Sprache
In seinem aktuellen Gastbeitrag beschäftigt sich der Theologe und Religionswissenschaftler Andreas G. Weiß mit einem Phänomen, das in Europa zunehmend sichtbar wird: Religiöse Sprache taucht in politischen Reden wieder auf. Doch sie wird oft nicht aus echtem Glauben verwendet, sondern um Menschen emotional zu beeinflussen. Die Begriffe bekommen eine neue, politische Bedeutung.
Verlust von Verständnis
Weiß sieht ein Problem darin, dass viele Menschen heute kaum noch wissen, was religiöse Begriffe ursprünglich bedeuten. In unserer säkularen Gesellschaft fehlt oft das Wissen über Religion. Das macht es leicht, religiöse Sprache für politische Zwecke zu nutzen, ohne dass es bemerkt oder kritisch hinterfragt wird.
Die Rolle von Bildung und Gesellschaft
Für Weiß liegt die Verantwortung nicht allein bei jenen, die religiöse Sprache missbrauchen, sondern auch bei einer Gesellschaft, die verlernt hat, mit ihr umzugehen. Er plädiert für eine stärkere religiöse Bildung - nicht um den Glauben zu fördern, sondern um kulturelle und gesellschaftliche Zusammenhänge besser verstehen und einordnen zu können.
Religiöse Sprache als Chance für Verständigung
Der Beitrag betont, dass Religion im öffentlichen Raum nicht verschwinden sollte, sondern als Quelle für Mitmenschlichkeit, Sinnfragen und moralische Orientierung neu erschlossen werden kann. Es geht nicht darum, Religion politisch zu machen, sondern darum, ihre Sprache so zu verstehen, dass ihr Missbrauch verhindert werden kann.